Kapitalexport aus Russland

Im Jahre 2011 betrug der Netto-Kapitalabfluss aus Russland nach den Angaben der Russischen Zentralbank 80,5 Milliarden US-Dollar. Das heißt: Privatpersonen und Unternehmen führten über 80 Milliarden US-Dollar mehr aus Russland in das Ausland aus als von dort eingeführt wurde. Für dieses Jahr wurde zunächst ein deutlicher Rückgang der Kapitalausfuhr erwartet. Nach jüngsten Angaben der Zentralbank belief sie sich von Januar bis Ende September dieses Jahres jedoch wiederum auf einen sehr hohen Betrag, 57,9 Milliarden US-Dollar. Was haben diese Zahlen zu bedeuten?

Zahlreiche Beobachter sprechen von „Kapitalflucht“ und werten den Geldabfluss als aussagekräftiges Indiz für ein mangelndes Vertrauen in die Stabilität des politischen Systems. Oder sie verweisen auf wenig attraktive Investitionsbedingungen innerhalb Russlands. Russen sähen sich aus den genannten Gründen darum veranlasst, ihr Geld „in Sicherheit zu bringen“. Das mag eine Rolle gespielt haben, zwei andere Faktoren sind aber offensichtlich von größerer Bedeutung:

Seit der Mitte des vergangenen Jahres fahren westeuropäische Banken ihr Engagement in Russland erheblich zurück. Die anhaltenden und immer wieder aufflammenden Krisen in der Eurozone nötigen die Geldinstitute, aus Russland (aber nicht nur von dort) Mittel abzuziehen, um Stabilität auf ihren Heimatmärkten zu gewinnen. Allein dies erklärt einen Kapitalabfluss in zweistelliger Milliardenhöhe. Ein weiterer Faktor ist noch bedeutsamer: Russland weist seit vielen Jahren einen sehr hohen Außenhandelsüberschuss auf.

Länder mit hohen Überschüssen, wie Russland, zeichnen sich durchweg durch zwei Merkmale aus: Sie weisen einen hohen Netto-Kapitalabfluss auf. Wenn dies nicht der Falle wäre, dann stiege die Geldmenge und somit die Inflation. Zum anderen besitzen sie überdurchschnittlich hohe Devisenreserven bzw. treten als Gläubiger gegenüber anderen Staaten auf. Beide Merkmale treffen auf Russland zu, aber auch auf andere Länder, beispielsweise Deutschland, Saudi-Arabien oder etwa Norwegen.

(Quelle: Eigene Zusammenstellung nach http://www.economist.com/node/21564225)

Der Kapitalabfluss aus Russland ist somit grundsätzlich eine übliche Begleiterscheinung exportstarker Länder.

2 Gedanken zu „Kapitalexport aus Russland“

  1. Wow, interessantes Thema! Endlich versteh ich mal die Zusammenhänge etwas besser. Deine Quelle werd ich mal noch nachgehen, jetzt bin ich neugierig.

    1. Einen guten Tag,
      das freut mich. Schauen Sie gelegentlich wieder einmal herein.
      Es grüßt Sie
      Christian Wipperfürth

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